Delfi: Nabel der Welt (9)

In Patras mussten wir uns langsam an die Idee gewöhnen, dass Christophs Flug nach Berlin für Dienstag festgelegt war, weil Easyjet uns ja noch in Deutschland Bescheid gegeben hatte, dass sein Flug am Freitag ausfiel. Solche Ausfälle machen, dass dann auch die zugesagten Termine fragwürdig erscheinen. Das bringt natürlich gewisse Unruhe mit sich. Außerdem herrschte ja auch Corona – und gerade auf den Flugplätzen. Da kam ebenso natürlich die Frage auf, ob wir uns inzwischen angesteckt und somit für Rückflüge disqualifiziert seien. Schließlich mussten wir nach Athen zurück, um dort für die Heimreise parat zu sein. Deswegen fuhren wir am Montagmorgen über die weitgestreckte Rio-Andirrio-Brücke und dann gen Osten am Korinthischen Golf entlang über Delfi und nach Athen. Dort hatten wir ein Quartier für eine Nacht in der Nähe des Flughafens, um Christoph rechtzeitig dort abzuladen. Wir hatten ja noch eine Woche zusätzlich.

Delfi war ein Höhepunkt für Christoph und somit kam seine Reise auch zu einem guten Ende. Hier waren wie in Epidauros und Mykene mehr Ausländer unterwegs als wir sonst sahen. Trotzdem waren die riesigen Parkplätze für hunderte, wenn nicht tausende Gäste erschreckend leer. In der Reihe am Kartenkiosk brauchten wir nicht lange warten, das Auto hatten wir neben der Straße am steilen Abhang im Schatten eines Olivenbaumes geparkt. Wir waren ready für noch ein Haufen Ruinen und alter Bausteine. Doch mit dieser Fülle und komplexen Heilsanstalt hatten wir nicht gerechnet. Die geschichtlichen Bezüge waren sagenhaft und man konnte sich gut vorstellen, dass das mal ein politisch bedeutsames Zentrum gewesen sein muss – fast so wie heutzutage das Wirtschaftstreffen in Davos, wenigstens bis vor kurzem. Hier – im Orakel von Delfi – wurde ja die Weissagung laut, dass die Griechen unter Menelaus den troyanischen Krieg endlich gewinnen würden. Wär hätte gedacht, dass das dann Jahrzehnte dauern würde? Delfi verlor an Bedeutung als Rom die Macht im Mittelmeer übernahm. Da haben auch die Versuche der römischen Kaiser den alten Glanz und politische Bedeutsamkeit zu restaurieren nicht gefruchtet, da hier kein politisches Machtgefüge mehr zuständig und ausschlaggebend war. Schließlich hat Theodosius I (392 AD) die Schließlung dieser heidnischen Kultstätte veranlaßt. Die mythische Vorstellung, dass hier der Mittelpunkt (Nabel) der Erde und Zentrum der Welt lag – weil das riesige Ei – der Omphalos (Nabel) – dass die Adler im Namen Zeus hatten fallen lassen, gerade hier aufgeprallt und somit den Mittelpunkt angegeben hatten – war schon merkwürdig. Das Gefühl ist so ähnlich wie wenn man in Rom im Vatikan auf dem Petersplatz steht (bzw auf dem dem Forum Romanum, wo sie ihren umbilicus urbis feiern oder in New York auf der großen 5th Avenue oder vielleicht auch in Jerusalem, aber das letztere würde ich noch nicht wissen. Das will ich noch erleben… Das Museum war auch sehenswert, auch wenn das Postamt geschlossen und der kl. Laden nicht viel hergaben.

Die vielen Schatzhäuser für die Opfergaben dem Apollon (Er der nachmalige Vater des Heilsgottes Asklepios) geweiht, der Schauplatz für die Pythischen Spiele, Tempel und Gymnasion sind alle ausgiebigst zu bewundern und passen wunderbar in dieser herrliche Landschaft des griechischen Festlandes. Delfi war definitiv eine Reise wert!

In Athen angekommen, haben wir nochmal im Meer geschwommen nachdem wir auf dem Parkplatz reife Feigen vom Baum schmausten – so viel wir wollten. Morgens waren wir dann in einem großen Bogen zum Flugplatz gekommen und Christoph flog ohne nennenswerte Zwischenfälle bis Berlin, wo Vivian ihn abholte und nach Wittenberg brachte. So endete sein Urlaub in Griechenland und unser ging noch eine Woche länger, aber das kommt morgen dran…    

About Wilhelm Weber

Pastor at the Old Latin School in the Lutherstadt Wittenberg
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