Athen ist schön, doch Korinth lockt (6)

Eine Woche waren wir erstmals in Athen. Am letzten Tag bestellten wir per „Beat“ eins der gelben Taxis und damit gings zu „Green Motion“, wo wir unser Auto per „Bookings“ schon aus Deutschland gebucht hatten. Es war ein kl.Laden und das Auto war nicht parat. Ein Kollege war anscheinend damit irgendwo im Verkehr stecken geblieben. Naja, der junge Mann war eilfertig sich zu entschuldigen und ganz außer Atem, um eine Alternative herbeizuschaffen. Mit einer guten Stunde Verspätung gings dann mit dem etwas verbeulten Wagen, der vier unterschiedliche Räder, wovon eins sogar mangelhaft aufgepumpt war und einem halbvollen Tank, los. Das konnte ja heiter werden. Außerdem mussten wir trotz hoher Versicherung eine hohe Prämie hinterlegen – im Falle eines Falles. Alles dazu angetan mich in einen Zustand höchster Agitation zu versetzen.  

Zuerst gings also mit Hilfe von Google durch die Mittestadt von Athen zur erst besten Tankstelle, um das Defizit an Benzin im Tank und Luft im Reifen auszugleichen und dann waren wir auf der Zollstraße nach Korinth, in die Gegend des Isthmus-Kanal und dem Tatort, wo nur Kraniche Zeugen des Meuchelmordes an Ibykus waren, Goethe seine morbide “Braut von Korinth” lokalisiert und hohe Preise schon in der Antike abschreckend wirkten und das antike Sprichwort umging:

Nicht jede Sache ist die Reise nach Korinth wert.

Wir waren in irgendeinem idyllischen Olivenhain eingebucht und freuten uns schon riesig auf diesen Tapetenwechsel. Ha, welche Vorstellungen – und diese Aussicht übers Meer, über den Hafen von Piräus und die wunderbaren Berge, Buchten und Bauten. Schnell war die Anspannung vergessen. Wir schätzten die Klimaanlage und ich gewöhnte mich immer besser an die Automatik. Ich kann mich nur vage an eine Vollbremsung aus Versehen erinnern… Angelika und Christoph waren gute Mitfahrer, unser Gepäck war bestens verstaut und wir hatten Lust auf mehr Abenteuer, Entdeckungsreise im für uns Neuland Griechenland – und vorerst der Peleponnes.

„Und immer noch halte ich für die schönste deutsche Ballade jene, die vom Ibykus, dem Götterfreund, erzählt.“

Marcel Reich-Ranicki

In Korinth gings erstmal zur Altstadt, die schon in der Antike eine wichtige Hafenstadt war, aber jetzt als kleines Dorf vom Tourismus lebte. Es wirkte in der Sommershitze wie ausgestorben, aber wir fanden eine hohe Terrasse, wo wir erstmal gut verschnaufen konnten. Dort war eine Großfamilie aus den USA angereist, um hier vom griechischen Großvater in die Herrlichkeiten des Vaterlandes eingeführt zu werden. Außerdem wurde eine laute Schulklasse dort bewirtet und noch eine Reihe einheimischer Gäste. Wir fühlten uns pudelwohl. Bald waren wir gestärkt genug, um unsere Erkundungstour in Angriff zu nehmen – und gleich ging es an vielen Tavernen vorbei, Gemüsehändlern und auch zum Kunsthändler, der die nachgemalten Vasen seines Vaters verkaufen wollte und sich freute, dass wir endlich aufgetaucht waren.

Wir wanderten um die alten Ruinen herum und dachten an die Geschichte des hl. Apostels Paulus, der sich hier länger aufgehalten hatte, öffentlich gepredigt und theologisierte bis es den jüdischen Bewohnern zu viel wurde und sie handgreiflich wurden. Naja, auch davon ist nicht mehr viel zu sehen, aber nachlesen kann man es in der Apostelgeschichte eindrücklich und schließlich sind seine praktischen und kontextuell eingebundenen Briefe an die Korinther ja auch wunder erhalten und jedermann zugänglich. Schließlich kauften wir dort Wein, Oliven, Brot, Zitronen und Tomaten, aber auch eine Vase, die Angelika jemand schenken wollte.

Am Isthmus Kanal waren wir überrascht, dass wir den so leicht auffinden konnten. Das Auto war geparkt, ich besorgte uns griechische Schlagermusik (3 für den Preis von 1!) bei einem Touristenstand, wir machten Selfies und Fotos nach links und nach rechts, hoch und tief, mit und ohne Lächeln – und staunten, dass der tiefe Graben mit Hilfe der Bulgaren fertiggestellt worden war. Das war sicher noch aus der Zeit als die sozialistische Bruderschaft noch besser zusammenhielt und wir noch nicht im neo-liberalen Zeitalter den Angriff dieser gigantischen Zeugnisse einer besseren Welt hinter uns gelassen haben.

Gegen Spätnachmittag kamen wir dann in unserem Domizil an – und wir waren nicht enttäuscht. Es war ein herrlich großes Haus inmitten einer großzügig angelegten Umzäunung. Große Hunde, Hühner, Puten und Gänse gabs auch – und die klagenden Türkentauben riefen weitere Heimatgefühle in uns wach.  Eine große Veranda gabs und eine Waschmaschine und auch sonst eine sehr gut eingerichtete Küche. Unsere Ferienreise ging sehr gut weiter…

About Wilhelm Weber

Pastor at the Old Latin School in the Lutherstadt Wittenberg
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