Gleich vom ersten Tag ging es los und zwar kräftig. Wir hatten die erste Woche kein Auto, sondern machten uns zu Fuß auf den Weg. Mit „Google Maps“ waren wir ja bestens ausgerüstet, obwohl mein Telefon meist nach ein paar Stunden schon ins Pusten und Stottern kam, weil der überforderte Akku drohte auszulaufen. Dennoch fanden wir jedes Mal einen Stecker und die Möglichkeit neu aufzuladen. Das war dann später im Auto gar kein Problem mehr, außer dass die automatische Verbindung mit dem Handy gleichzeitig mit sich brachte, dass wir dieselbe Musik immer wieder hören mussten, wenn wir die Anweisungen zur Reise auch hören wollten. Da müssen wir uns noch schlau machen, wie das eine vom anderen zu unterscheiden und jeweils alleine zu nutzen möglich ist.

Wir nahmen uns die üblichen Attraktionen vor. Akropolis und Areopag, Gemüse-, Obst-, Fleisch- und Fischmarkt, Trödelmarkt und wie die vielen Verkäufergassen auch alle heißen, Parliament und Regierungssitz, der wunderbare Nationalgarten inmitten des Straßentrubels, Museen noch und nöcher, alte Tempel, neue Kirchen und ein Haus neben dem anderen, lange Straßenreihen, viele bunte Menschen und immer wieder Polizei, Militär und sogar Sicherheitstruppen, die gerade auch in unserer Straße „Marni“ Wache schoben.
Überall gab es Tavernen, Kaffeeschops und Bäckereien, sogar Supermärkte, Waschlokale, zig Bankautomaten und noch mehr kl. „Tearooms“, wo Ausländer ihre Ware feilboten – genau wie in der „Wilson-Street“ in Dundee/KZN – von Zeitung bis Zitronen und Zigaretten, Batterien, Knoblauch, Telefone und zu trinken, aber fast nirgends Butter, schließlich hat man ja Olivenöl und das nicht zu knapp. Es ist buchstäblich das Land in dem Milch und Honig fließt plus Wein, Nüsse und Orangen – frisch und in Fülle.
Es hat eine Weile gedauert, aber irgendwann hatten wir das Tagesmenu zusammen: Neben meinem regelmäßigen shot Zitrone am Morgen gabs dort nicht saure Äpfel, sondern frische und saftigste Pfirsich, Joghurt mit Honig, griechischen Salat in angelischer Perfektion abgewechselt mit gebratenem, gesottenem und gekochtem Allerlei aus Meer, Fluss, Stall, Feld und Wiesen. So ein bisschen hatte es vom gelobten Land an sich – ähnlich wie der Kap der guten Hoffnung oder das Land Gosen jenseits von Krondaal – aber schau doch mal selber in diesem herrlichen Tribut von “Bizarre Foods”
Täglich legten wir zwischen 12-20 Kilometer ab – und das fast die geschlagenen 3 Wochen. Meine kontrollierende Armbanduhr war begeistert. Täglich meldete sie: Du hast die längste, anhaltende Bewegungsreihe erfolgreich absolviert und ermahnte sofort im strengen Ton: Mach weiter so! In diesem Sinne höre ich jetzt erstmal auf und mach Morgen weiter…
Unser Tagesrythmus war nicht richtig anstrengend, aber auch nicht die ihle Entspannung. Wir wollten was sehen, mitkriegen, erleben – und da muß man ja bekanntlich sich auf und raus machen. Morgens nach dem Aufstehen und unseren gemütlichen Lese- und Schreibstunden, machten wir uns mit geschultertem Rucksack, genügend Wasser, Gesichtsmasken und Portemonnaie auf den Weg und besuchten 1-2 Sehenswürdigkeiten ehe wir dann entweder am späten Nachmittag zur Wohnung zurück oder irgendwo unterwegs zum Abendbrot einkehrten.
Wegen Coronna waren die Museen leicht zugänglich, Warteschlangen waren selten – meist nachts, wenn die Griechen von der Arbeit noch in die historischen Anlagen gingen. Die meisten Museen sind bis kurz vor Mitternacht auf und manche machen sogar volles Abendprogram, was bei den herrlichen Temperaturen nachts natürlich sinnvoll ist. So waren wir in den meisten der unzähligen Säle unter uns mit noch mehr und allgegenwärtigen Wächtern und stets wachsamen Aufpassern. Selbst auf der Akropolis, wo sich sonst riesige Menschenmengen durchwühlen, waren wir froh einige junge Paare aus Holland oder Skandinavien anzutreffen – und immer mal wieder eine bunte Familie aus Deutschland – Eltern mit Kindern. Kaum Asiaten und wenn waren die paar Inder, Japaner und Koreaner willkommene Abwechslung. Wir waren also meist unter uns. Herrlicher entspannter Urlaub in dem sonst so überlaufenen Athen, sogar auf der Akropolis.
Angelika war hin und weg vom Dionysiustheater, das sie gerade in der Schule mit einer ihrer Klassen durchgenommen hatte – und nun stand sie leibhaftig mitten drin und staunte über die gut erhaltenen Reihen, Steine und Kulissen. Voll begeistert sammelte sie Eindrücke für die nächste Präsentation daheim in Wittenberg.
Hadrians Bogen Dionysos Theater Übersicht Bittereinder: Letzte Mohikaner
Wir machten uns immer weiter nach oben – und freuten uns an dem kühlen Lüftchen, dass sich dort oben zu einer steifen Briese entpuppte. Da mussten wir Hut und Schirm gut festklammern, damit sie nicht den Abhang in die Altstadt runter geweht wurden. Wie alle anderen machten auch wir Selfies und immer noch ein Foto – von der im Wind knatternden Flagge Griechenlands, den imposanten Säulen, Steinen und Felsbrocken. Tief beeindruckt war ich von den gestapelten Steinen da oben.
Genau wie letztes Jahr in Polen wunderte ich mich immer wieder wie mein übernommenes Vorurteil von den „faulen Griechen“ doch auf Schritt und Tritt Lügen gestraft wurde. Letztes Jahr merkte ich, dass da nichts dran ist, am Gerede über „die Polenwirtschaft“, sondern wie ein boomendes Volk im Aufbruch diesem Vorurteil widerspricht. Nicht nur die schön gepflegten Gärten überall, sondern auch die Blicke über die Mauern/Zäune in die industriellen Hinterhöfe, unterwegs in Geschäftszentren und herrlichen Straßenzügen, imposanten Wohnblocks, ausgebreiteten Parks und Anlagen spiegelten nichts von der angeblichen Mentalität dieser europäischen Nachbarn wieder. So ähnlich gings mir mit den Griechen, diesen Südländer am Mittelmeer, die sicherlich mehr orientalisch geprägt sind als die Norddeutschen, aber auch hier pulsierten Straßen vom Geschäftsleben. Menschen waren eilig mit ihren Taschen, in schicken Anzügen und auf hohen Hacken, geschminkt und schön gepflegt unterwegs – und doch gab es auch offensichtliche Armut, Bettelei, Drogenabhängige und Süchtige im Straßenbild. Viele Asiaten und Afrikaner – beinah so wie in Pretoria auf Church Square.
Nach dem Besuch auf der Akropolis kamen wir runter zum Areopag – und zu dem Platz, wo der hl. Apostel Paulus gepredigt haben soll. Das ist schon ein merkwürdiges Empfinden, das einen dort überfällt. Was haben die vielen Steine seither alles erlebt und wie viele Menschen verehren noch immer mit großem Ernst viele Götter und Gewalten ohne doch den einen, wahren und lebendigen Gott zu kennen! Und wenn wir nicht singen, reden, beten und rufen, dann werden die Steine es weiterhin tun… Herr, erbarme Dich + Christus, erbarme Dich + Herr, erbarme Dich über uns und Deine vielen, vielen Menschen + Auf diesem kargen Felsklotz tummelte sich allerlei Volks. Wahrscheinlich Schaulustige und christliche Besucher wie wir in jeder bunt gemischten Ansammlung überall auf der Welt finden. Es gab einen schönen Blick über die Altstadt und auch zurück zur Akropolis, aber sonst ist dort nicht viel – keine Kirche, keine Strichliste von seither Getauft und Bekehrten, keine Ansammlung von Kerzen, Registerkästen oder sonstigen statistischen Krücken, aber die lukanische Beschreibung des Geschehens aus Apostelgeschichte 17 ist dort zu sehen – beinahe könnte man meinen verewigt – auf einer großen Bronzeplatte vergleichbar mit der Thesentür in Wittenberg. Es ist eben so: „Verbum Dei manet in aeternum!“
In den meisten Tavernen gab es mehr als genug Platz und stets die aufmerksamsten Kellner, die einem jeden Wunsch von den Lippen abzulesen trachteten. Die holten uns schon am liebsten von der Straße ab und bugsierten uns auf die Ehrenplätze – ganz vorne, mit bester Aussicht und je nachdem im Schatten oder besten Licht. Manchmal wurde es regelrecht traurig und vielleicht sogar etwas unheimlich, wenn eine Riege von 5-10 Kellner abwartend dastand und wir die einzigen Gäste waren. Das war übrigens nicht nur in Athen so, sondern dann später auch unterwegs. In den vielen Gesprächen mit diesen Einheimischen wurde immer wieder deutlich, wie sehr sie unter der Flaute leiden und wie ihnen die unnatürliche Ruhe nach dem bisher doch so anhaltenden Fremdenverkehr auf die Nerven ging. Wir sind angetan von der griechischen Kost. Das Essen ist frisch, überaus schmackhaft und sehr abwechslungsreich. Dazu gibt’s guten Wein, kaltes Bier oder eben den etwas gewöhnungsbedürftigen griechischen Kaffee und soviel gekühltes Wasser wie man eben haben will, frisches Brot, Olivenöl und meist auch noch einen Nachtisch „on the house“ – von Joghurt mit Honig über Wassermelone, reifen Feigen oder so.