Papa fing seine Briefe oft mit der Redeweise an: “Wer eine Reise tut, der weiß etwas zu erzählen…” Nach unserer Reise ins Nachbar- und Grenzland Polen haben wir wieder viele Bilder, Eindrücke und Geschichten gesammelt. Davon soll dieser Blog nun etwas mitteilen.
Angelika hat ihren ersten langen Sommerurlaub von der Schule und Friederike bereits nach knapp zwei Monaten auch schon Ferien bei Hogan Lovells, München. Detlev besucht uns nach dem erfolgreichen Magisterabschluß in Columbia, MO und seinem Ferienjob als factotum in Piesteritz. Leider konnten Christoph und Matthias aus verschiedenen Gründen dieses Mal nicht mit. Am 10. Juli gings mit unserem Auto los – und zwar gen Osten – nach Polen – früher mal Schlesien.
Los gehts nach Breslau: Dzień dobry, Dziekuje & Do widzenia
Über den Wittenberger Vorfläming gings auf kürzestem Weg nach Brandenburg und über die reifen Kornfelder ins Nieder Fläming, durch Wald, Feld- und Heidelandschaften mit vornehmlich Kiefern und Birken – meist geradelienig gen Osten. Kurz nach Cottbus gings über die Neisse und die Landesgrenze an einigen Polizei- und Zollstreifen vorbei, immer mit dem südafrikanischen bzw deutschen Pass, aber zuerst mit gerade man 70, dann 80, 100 und schließlich 140 Kilometern die Stunde auf ausgebauten Straßen zusammen mit immer mehr polnischen Personen- und Lastwagen. Ab und zu gabs auch mal ein lituaisches oder gar russisches Abzeichen. Keine Panne. Keine Unglücke, trotz vieler enger Alleen und eiliger Fahrer. Gott sei Lob und Dank! Nicht mal verfahren haben wir uns ernsthaft – dank der alten Euro-Karte und dem aktuellen Navi, das bei den polnischen Namen fast so ins Stottern kam wie bei den deutschen… Die Chinesen haben es halt nicht leicht ihre weltweite Dominanz authentisch durchzusetzen.

Nach Bunzlau (Bolesławiec) machten wir den ersten Abstecher von der Autobahn und dort gleich in praktisch das erste Verkaufshaus einer der vielen Porzellan Manufakturen dort. Noch Vormittag hatten wir den ersten Karton für Zuhause erstanden. Als ob wir nicht genug Gepäck fürs Camping gepackt hätten. Die Fülle und Schönheit des Porzellans hat uns alle mehr oder weniger begeistert. Ich glaube, Rike war eher mehr, während Detlev eher zum Weniger tendierte. Wir waren gleich angetan durch die Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Verkäufer, Touristen und sonstiger “Eingeborenen”. Verständigung war kein Problem. Die meisten, denen wir begegnet sind, konnten sich in English, Deutsch oder Zeichensprache verständlich machen. Wir haben uns auch gleich dran gemacht etwas Polnisch zu studieren. Rike zuerst und ich zuletzt, Angelika und Detlev immer dabei. Zum Schluß gings dann wenigstens mit: Dzień dobry (Guten Tag!) Dziekuje (Dankeschön!) & Do widzenia (Auf Wiedersehn). Erfreulich wars natürlich, wenn auf das freundliche Grüßen sofort die polnische Kaskade folgte, worauf ich aber immer etwas beschämt und doch beglückt dank der überzeugenden Ausprache hilflos die Schultern zucken und ins Deutsche zurück fallen musste: Ich weiß überhaupt nichts… Kirchen, Klöster und Pfarreien gab es zuhauf. Gutes Essen überall. Und das Wetter war wie gewohnt mit unserer Angelika: “wie wenn Engel reisen.” Kein Wunder fühlten wir uns auf der gesammten Strecke pudelwohl und wie Zuhause. Schließlich sind unsere Vorfahren in diesen Landstrichen auch mal Zuhause gewesen bzw durchgezogen auf ihren/unseren endlosen Wanderung in der Diaspora.
Noch eine Kirche Frisör: Hört man doch! Eijeijei Da sind wir schon mal Der Weg ist weit und die Aufgabe zweifelsohne groß Wer die Wahl hat, hat die Qual.
Von Bunzlau nach Breslau (Wrocław) gings unkompliziert. Es war ja nur noch ein Katzensprung.

Die Autobahnen sind durch das laufende EU-Program super ausgebaut, aber in den Städten ist es schwerer die mangelnde Infrastruktur aus sozialistischer Vorzeit nachzuholen. Überall sind die Arbeiter am wirtschaften, aber es ist gar nicht so leicht die vielen neuen Autos unterzubringen. Es ist gar nicht so lange her, da fuhren hier nur einige Bonzen im Auto – der Rest war auf Moped, Fahrrad oder Kutsche unterwegs. Sicherlich so etwas wie Grün-rote Wunsch- und Zwangsvorstellungen für Deutschland zurück in die Zukunft! (Da kommt dann sicher der alte ZIMBABWE-Witz auf: Was hatten wir vorm Kerzenlicht? Elektrisches!)
Die Verkehrsteilnehmer empfanden wir als verständnis- und rücksichtsvoll, obwohl es erstaunlich viele Porsche-, BMW- und auch VW-fahrer gab. Vielleicht war es ja gerade deswegen 🙂 Sogar die allgegenwärtigen Brummis und Straßenbaumaschienen gaben gehörig Acht auf Vorfahrt, Fußgänger und Zebrastreifen. Nur einmal hat ein junger Spund vom Straßenbau frech gerufen: “Schneller, schneller, schneller!” Offensichtlich hat er unsere deutsche Nase erkannt und sich den Spaß erlaubt. Wir haben uns köstlich amüsiert und laut mit ihm gelacht!
Bonhoeffer Denkmal Catch me if you can… Tolkien auf Polnisch Universität Passwort? Concordia? Polen ist vieles und papsttreu Und nun? Botanischer Garten
Breslau – ein kultureller Höhepunkt – und das schon am 1.Reisetag. Natürlich hätten wir hier noch viel länger bleiben können, aber “der Wagen, der rollt!” Längst haben wir nicht alle Kirchen besucht oder Zwerge gefunden (obwohl wir 3 in Torgau (!) auf unserer Elbe-Radtour fanden – aber das ist eine andere Geschichte!) oder Speisekarten durchgeschmeckt. Wir hatten noch viel vor und es war ja sowieso erstmal so etwas wie eine Erkundungsreise. Schließlich liegt es nur knapp 5 Stunden von der Lutherstadt entfernt – und ist auf jeden Fall noch eine Reise wert. Vielleicht gehts ja nächstes Mal im Winter ins Riesengebirge? Mal sehen.
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