Mit der Kamera unterwegs

Am 31. Hochzeitstag haben wir zum ersten Mal unseren Dias Apparat aufgestellt und die Bilder von vor gut dreißig Jahren angeschaut. Wenigstens die ersten beiden Schienen. Damals hatten wir diesen Projektor im Vikariat gekauft, damit wir in Südafrika diese Erinnerungen wachhalten könnten. Schließlich hatte ich während meines Studiums gut 30 Schienen voller Dias gemacht. Inzwischen sind die Kästen ziemlich verstaubt, aber die Bilder sind noch sehr gut erhalten. Außerdem passt die große Leinwand gut in unsere Wohnung und der Abstand zum Bildwerfer ist ideal. Man kann halt nur nichts anderes wollen!

Meine erste Kamera hatte ich von meiner Oma Ziegenhagen bekommen. Ich glaube, es war eine „Beirette“ aus der ehemaligen DDR. Auf jeden Fall war es keine „Praktika“. Damit machte ich vornehmlich Schwarz-Weiß-Fotos und zwar auf Kosten meines Vaters, der auch die Filme immer wieder bei der Apotheke in der Viktoria Straße, Dundee entwickeln ließ. Die Bilder sind übrigens noch immer gestochen scharf und gar nicht verblichen. Anders die bunten Bilder. Die sind meist etwas verblichen. Später wechselte ich zu Dias. Das war billiger. Schließlich sogar zum selber rahmen. Als Philosophiestudent in Pretoria hat Martin Stallmann mir dann eine Canon AE-1 Programm aus Deutschland mitgebracht. Durch den günstigen Wechselkurs damals bekam ich sogar noch Geld zurück als er dann von seiner Reise zurückkam. Mit der Kamera hatte ich viel Freude und habe ordentlich rum geübt.  Leider habe ich sie dann im Mercedes von Ray McCauley liegen gelassen als ich während der militärischen Grundausbildung nach Hause getrampt bin. Alle Bemühungen sie zurückzukriegen schlugen fehl, trotz der vielen Anrufe zur seiner Megakirche, die damals schon knapp 5k Glieder zählte. Naja, im Grundstudium in Oberursel habe ich dann die nächste gekauft – und zwar auf der Zeil in Frankfurt. Das war dann eine Minolta X-300. Nicht so klasse wie ihre Vorgängerin, aber inzwischen war ich ja auch etwas geübter und konnte mir schon etwas helfen und war nicht mehr nur auf die Automatik angewiesen. Damit habe ich dann drauf los fotografiert und zwar all die Jahre im Taunus und dann in Franken, aber auch unten im Schwarzwald bei Drubbas am Titisee und oben in Niedersachsen bei Büttchers (Habighorst). Viele Bilder sind es insgesamt geworden und da gilt es jetzt wieder mal genauer hinzuschauen. Mal sehen, was noch in der Erinnerung wachgerufen wird.

Inzwischen habe ich ja auch mal mit Nikon herumexperimentiert. Das war aber dann schon digital und nachdem ich mich in diese neue Welt mit kleineren Modellen wie z.B. von Sony eingefühlt hatte. Manche von den ersten Bildern sind nichts. Klein, undeutlich und in merkwürdigen Farbkonstellationen. Aber die größte Herausforderung ist die Menge geworden und wie man da die Übersicht behalten soll. Jahrgänge sind ok, solange diese in dem gemütlichen Rhythmus von „Alle Jahre wieder“ verfallen: Krügerpark, Südküste und wie die Jahreszeiten alle heißen! Dazu kommt das elendige Wechseln der inkompatiblen Systeme: „Picasa“, „Google Pictures“ und wie sie alle heißen. Der Speicher in der Cloud wird größer, teurer, aber nicht übersichtiger. Im Gegenteil! Zum Glück ruft Facebook immer mal wieder einige Erinnerungen wach, aber es ist auch am liebsten in der jüngsten Vergangenheit tätig – und wühlt nicht so gerne im Jenseits des vorigen Jahrhunderts bzw -tausends. Was dann mal passiert, wenn man tot und die persönlichen Passworte den Kindern nicht zugänglich sind? Dann werden diese schönen Entdeckungsreisen der Großkinder, die auf dem Dachboden in den alten Kisten stöbern und die Geschichten ihre Vorfahren entdecken, nicht mehr so einfach möglich sein wie damals als man den alten Koffer aufschlug und drinnen waren die alten Tagebücher hübsch säuberlich gestapelt oder die Bilder schön sorgfältig im Album sortiert. Nein, jetzt wird der Nachkomme schon ein kl. Computergenie sein müssen und mindestens halbwegs ein ausdauernder Forscher und Tiefenpsychologe, um an die verschlüsselten Schatzkisten im Cyberspace ranzukommen. Der einzige Trost ist wahrscheinlich, dass die heutigen Erfahrungsschätze und gelebten Geschichten zwar versteckter, aber deswegen nicht interessanter bzw bewegender als die alten Klamotten unserer Vorfahren sind. Meist läuft das ja heute programmierter, routinierter und generell mehr grau in grau – wie bei einem langweiligen Buchhalter – ab. Es ist höchste Zeit etwas Farbe und Abwechslung reinzubringen. Darum lasst uns Schluss machen mit der Rückschau und lustig die Farbspiele der Gegenwart begucken, während die fröhliche Begleitmusik der Elbe weiterrauscht und wir aus des Lebens unter der hellen Sonne und dem blauen Himmel freuen. Es ist eine schöne Welt – und wir dürfen dankbar und glücklich unsere Straße ziehen.

Die helle Sonn leucht jetzt herfür, fröhlich vom Schlaf aufstehen wir. Gott Lob, der uns in dieser Nacht behüt hat vor des Teufels Macht

Herr Christ, den Tag uns auch behüt vor Sünd und Schand durch deine Güt; laß deine lieben Engelein unsere Hüter und Wächter sein.

Das unser Herz in Gehorsam leb, deim Wort und Willen nicht widerstreb, daß wir dich stets vor Augen han in allem, was wir heben an.

Laß unser Werk geraten wohl, was ein jeder ausrichten soll, daß unsre Arbeit, Müh und Fleiß gereich zu deinem Lob und Preis

Melchior Vulpius (1560)

About Wilhelm Weber

Pastor at the Old Latin School in the Lutherstadt Wittenberg
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1 Response to Mit der Kamera unterwegs

  1. mdpsnc says:

    Schön!! Ich habe heute auch mal wieder die Kamera geholt….die Affen im Garten zu fotografieren!

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