28. Dezember: Tag der unschuldigen Kindlein

The Rennaisance painting “The Massacre of the Innocents” painted by Peter Paul Rubens between 1609 and 1611. (AP Photo)

Introitus

Herr, unser Herrscher, wie herrlich ist Dein Name auf der ganzen Erden, der Du Deinen Glanz über die Himmel legst! Aus dem Munde der Kindern und Säuglingen hast Du Dir eine Macht zugerichtet, um Deiner Feinde willen, den Feind und den Rachgierigen zum Schweigen zu bringen. Wenn ich Deinen Himmel betrachte, das Werk Deiner Finger, den Mond und die Sterne, die Du gemacht hast: was ist der Mensch, daß Du seiner gedenkst, und des Menschen Sohn, daß Du Dich seiner annimmst? Du hast ihn ein wenig Gottes mangeln lassen; aber mit Ehre und Schmuck hast Du ihn gekrönt. Du lässest ihn herrschen über die Werke Deiner Hände, alles hast Du unter seine Füße gelegt: Schafe und Ochsen allzumal, dazu auch die wilden Tiere; die Vögel des Himmels und die Fische im Meer, ja, was auf den Pfanden der Meere zieht. Jehova, unser Herrscher, wie herrlich ist Dein Name auf der ganzen Erde.  

Psalm 8

Alttestamentliche Lese 

So spricht der HERR: Man hört Klagegeschrei und bittres Weinen in Rama: Rahel weint über ihre Kinder und will sich nicht trösten lassen über ihre Kinder; denn es ist aus mit ihnen. 16 Aber so spricht der HERR: Lass dein Schreien und Weinen und die Tränen deiner Augen; denn deine Mühe wird belohnt werden, spricht der HERR. Sie sollen wiederkommen aus dem Lande des Feindes, 17 und es gibt eine Hoffnung für deine Zukunft, spricht der HERR: Deine Kinder sollen wieder in ihre Heimat kommen. 

Jeremia 31,15-17

Kollekte

Allmächtiger Gott, der Du in großen und gewaltigen Werken Deine Herrlichkeit offenbarest und durch die Unmündigen und Geringen noch in ihrem Sterben Wunder tust: mache uns bereit, uns Deinem Willen zu fügen und unser Leben für Deinen Sohn zu opfern. Durch unseren Herrn Jesum Christum, Deinen Sohn, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert in Ewigkeit. Amen.

Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden. Bd.1. Lutherisches Verlagshaus: Berlin, 1955. S.26

Epistolische Lektion

Und es erschien ein großes Zeichen im Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen. 2 Und sie war schwanger und schrie in Kindsnöten und hatte große Qual bei der Geburt. 3 Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen, 4 und sein Schwanz fegte den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor die Frau, die gebären sollte, damit er, wenn sie geboren hätte, ihr Kind fräße. 5 Und sie gebar einen Sohn, einen Knaben, der alle Völker weiden sollte mit eisernem Stabe. Und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und seinem Thron. 6 Und die Frau entfloh in die Wüste, wo sie einen Ort hatte, bereitet von Gott, dass sie dort ernährt werde tausendzweihundertsechzig Tage.

Offenbarung 12,1-6

Halleluja Vers

Halleluja. Er gedenket an seine Gnade und Wahrheit dem Hause Israel; aller Welt Enden sehen das Heil unseres Gottes. Halleluja.

Psalm 98,3

Evangelium

Als sie aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Josef im Traum und sprach: Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir’s sage; denn Herodes hat vor, das Kindlein zu suchen, um es umzubringen. 14 Da stand er auf und nahm das Kindlein und seine Mutter mit sich bei Nacht und entwich nach Ägypten 15 und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: »Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.«

16 Als Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen war, wurde er sehr zornig und schickte aus und ließ alle Knaben in Bethlehem töten und in der ganzen Gegend, die zweijährig und darunter waren, nach der Zeit, die er von den Weisen genau erkundet hatte. 17 Da wurde erfüllt, was gesagt ist durch den Propheten Jeremia, der da spricht: 18 »In Rama hat man ein Geschrei gehört, viel Weinen und Wehklagen; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen.«

Matthäus 2,13-18

Graduallied

2. zu Bethlehem, in Davids Stadt, wie Micha das verkündet hat, es ist der Herre Jesus Christ, der Euer aller Heiland ist.«

3. Des sollt Ehr alle fröhlich sein, dass Gott mit Euch ist worden ein. Er ist geborn Eu’r Fleisch und Blut, Eu’r Bruder ist das ewig Gut.

4. Was kann Euch tun die Sünd und Tod? Ihr habt mit Euch den wahren Gott; lasst zürnen Teufel und die Höll, Gotts Sohn ist worden Eu’r Gesell.

5. Er will und kann euch lassen nicht, setzt Ihr auf ihn Eu’r Zuversicht; es mögen euch viel fechten an: dem sei Trotz, der’s nicht lassen kann.

6. Zuletzt müsst Ihr doch haben recht, Ihr seid nun worden Gotts Geschlecht. Des danket Gott in Ewigkeit, geduldig, fröhlich allezeit.

Martin Luther 1543

Bekenntnis der Christenheit 

Ich glaube an den Einen Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer Himmels und der Erden, all des, das sichtbar und unsichtbar ist.

Und an den Einen Herrn Jesus Christus,  Gottes eingeborenen Sohn,  der vom Vater geboren ist vor aller Zeit und Welt,  Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrhaftigen Gott vom wahrhaftigen Gott, geboren, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater, durch welchen alles geschaffen ist; welcher um uns Menschen und um unserer Seligkeit willen vom Himmel gekommen ist und leibhaft geworden durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und Mensch geworden; auch für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus, gelitten und begraben und am dritten Tage auferstanden nach der Schrift, und ist aufgefahren gen Himmel und sitzet zur Rechten des Vaters und wird wiederkommen mit Herrlichkeit, zu richten die Lebendigen und die Toten; dessen Reich kein Ende haben wird.

Und an den Herrn, den Heiligen Geist, der da lebendig macht, der von dem Vater und dem Sohn ausgeht, der mit dem Vater und dem Sohne zugleich angebetet und zugleich geehret wird, der durch die Propheten geredet hat.

Und die Eine, heilige, christliche, apostolische Kirche.  Ich bekenne die Eine Taufe zur Vergebung der Sünden Und warte auf die Auferstehung der Toten und das Leben der zukünftigen Welt.

Nizänische Glaubensbekenntnis.

Bekenntnislese: Apologie 2,42-4,18

Von der Erbsünde (verf)

Und wenn die Widersacher werden vorgeben, daß fomes oder die böse Neigung weder gut noch böse sei, da werden nicht allein viele Sprüche der Schrift dawider sein, sondern auch die ganze Kirche und alle Väter. Denn alle erfahrenen, christlichen Herzen wissen, daß diese Stücke leider uns in der Haut stecken, angeboren sind, nämlich daß wir Geld, Gut und alle andern Sachen größer denn Gott achten, sicher dahingehen und leben; item, daß wir immer nach Art fleischlicher Sicherheit also gedenken, Gottes Zorn und Ernst sei nicht so groß über die Sünde, als er doch gewiß ist; item, daß wir den edlen, unaussprechlichen Schatz des Evangelii und Versöhnung Christi nicht herzlich so teuer und edel achten, als er ist; item, daß wir wider Gottes Werk und Willen murren, daß er in Trübsalen nicht bald hilft und macht’s, wie wir wollen.

Item, wir erfahren täglich, daß es uns wehe tut, wie auch David und alle Heiligen geklagt, daß es den Gottlosen in dieser Welt wohl geht. Darüber fühlen alle Menschen, wie leicht ihr Herz entbrennt, jetzund mit Ehrgeiz, dann mit Grimm und Zorn, dann mit Unzucht. So nun die Widersacher selbst bekennen müssen, daß solcher Unglaube, solcher Ungehorsam wider Gott im Herzen ist, wennschon nicht ganze Verwilligung (wie sie davon reden), sondern allein die Neigung und Lust da ist, wer will so kühn sein, daß er diese groben Stücke weder böse noch gut achte? Nun sind die klaren Psalmen und klaren Worte der Propheten da, daß die bekennen, daß sie sich also fühlen. Aber die Sophisten in Schulen haben zu dieser Sache wider die klare, öffentliche Schrift geredet und aus der Philosophie ihre eigenen Träume und Sprüche erdichtet, sagen, daß wir um der bösen Lüste willen weder böse noch gut, noch zu schelten noch zu loben sind; item, daß Lüste und Gedanken inwendig nicht Sünde sind, wenn ich nicht ganz drein verwillige. Dieselben Reden und Worte in der Philosophen Büchern sind zu verstehen von äußerlicher Ehrbarkeit vor der Welt und auch von äußerlicher Strafe vor der Welt. Denn da ist’s wahr, wie die Juristen sagen: L. cogitationis, „Gedanken sind zollfrei und straffrei“. Aber Gott erforscht die Herzen; mit Gottes Gericht und Urteil ist’s anders. Also flicken sie auch an diese Sache andere ungereimte Sprüche, nämlich: Gottes Geschöpf und die Natur könne an ihr selbst nicht böse sein. Das fechte ich nicht an, wenn es irgend geredet wird, da es statthat; aber dazu soll dieser Spruch nicht angezogen werden, die Erbsünde gering zu machen.

Und dieselben Sprüche der Sophisten haben viel unsäglichen Schaden getan, durch welche sie die Philosophie und die Lehre, welche äußerliches Leben vor der Welt belangen, vermischen mit dem Evangelio und haben doch solches nicht allein in der Schule gelehrt, sondern auch öffentlich unverschämt vor dem Volk gepredigt. Und die ungöttlichen, irrigen, gefährlichen, schädlichen Lehren hatten in aller Welt überhandgenommen; da ward nichts gepredigt denn unser Verdienst in aller Welt; dadurch ward die Erkenntnis Christi und das Evangelium ganz unterdrückt.

Derhalben hat D. Luther aus der Schrift lehren und erklären wollen, wie eine große Todesschuld die Erbsünde vor Gott sei, und wie in großem Elend wir geboren werden, und daß die übrige Erbsünde, so nach der Taufe bleibt, an ihr selbst nicht indifferens sei, sondern bedarf des Mittlers Christi, daß sie uns Gott nicht zurechne, und ohne Unterlaß des Lichtes und Wirkung des Heiligen Geistes, durch welchen sie ausgefegt und getötet werde.

Wiewohl nun die Sophisten und Scholastici anders lehren und beide von der Erbsünde und von derselben Strafe der Schrift ungemäß lehren, da sie sagen, der Mensch vermöge aus seinen Kräften Gottes Gebote zu halten, so wird doch die Strafe, so Gott auf Adams Kinder auf die Erbsünde gelegt, im ersten Buch Mosis viel anders beschrieben. Denn da wird die menschliche Natur verurteilt nicht allein zum Tod und zu anderem leiblichen Übel, sondern dem Reich des Teufels unterworfen. Denn da wird dieses schreckliche Urteil gefällt: „Ich will Feindschaft zwischen dir und dem Weibe, zwischen ihrem Samen und deinem Samen setzen“ usw.

Der Mangel erster Gerechtigkeit und die böse Lust sind Sünde und Strafe. Der Tod aber und die andern leiblichen übel, die Tyrannei und Herrschaft des Teufels sind eigentlich die Strafen und poenae der Erbsünde. Denn die menschliche Natur ist durch die Erbsünde unter des Teufels Gewalt dahingegeben und ist also gefangen unter des Teufels Reich, welcher manchen großen, weisen Menschen in der Welt mit schrecklichem Irrtum, Ketzerei und anderer Blindheit betäubt und verführt und sonst die Menschen zu allerlei Lastern dahinreißt.

Wie es aber nicht möglich ist, den listigen und gewaltigen Geist, Satan, zu überwinden ohne die Hilfe Christi, also können wir uns aus eigenen Kräften aus dem Gefängnis auch nicht helfen. Es ist in allen Historien vom Anfang der Welt zu sehen und zu finden, wie eine unsäglich große Gewalt das Reich des Teufels sei. Man sieht, daß die Welt vom Höchsten bis zum Niedrigsten voll Gotteslästerung, voll großer Irrtümer, gottloser Lehre wider Gott und sein Wort ist. In den starken Fesseln und Ketten hält der Teufel jämmerlich gefangen viel weise Leute, viel Heuchler, die von der Welt heilig scheinen. Die andern führt er in andere grobe Laster: Geiz, Hoffart usw.

So uns nun Christus darum gegeben ist, daß er dieselben Sünden und schweren Strafen der Sünden wegnehme, die Sünde, den Tod, des Teufels Reich uns zugut überwinde, kann niemand herzlich sich freuen des großen Schatzes, niemand die überschwenglichen Reichtümer der Gnade erkennen, er fühle denn von erst dieselbe Last, unser angebornes großes Elend und Jammer. Darum haben unsere Prediger von dem nötigen Artikel mit allem höchsten Fleiße gelehrt und haben nichts Neues gelehrt, sondern eitel klare Worte der Heiligen Schrift und gewisse Sprüche der Väter, Augustini und der andern.

Dieses, achten wir, solle die kaiserliche Majestät ihr billig lassen genug sein wider das lose; kindische, ungegründete Vorbringen der Widersacher, durch welches sie der unsern Artikel ohne Ursache ganz unbillig anfechten. Denn sie singen, sagen, wieviel, was und wie lange sie wollen, so wissen wir eigentlich das und sind’s fürwahr gewiß, daß wir christlich und recht lehren und mit der gemeinen christlichen Kirche gleich stimmen und halten. Werden sie darüber weiter mutwilligen Zank einführen, so sollen sie sehen, es sollen hier, will’s Gott, Leute nicht fehlen, die ihnen antworten und die Wahrheit dennoch erhalten. Denn die Widersacher wissen das mehrere Teil nicht, was sie reden. Denn wie oft reden und schreiben sie ihnen selbst Widerwärtiges? Verstehen auch ihre eigene Dialektika nicht vom Formal der Erbsünde, das ist, was eigentlich an ihrem Wesen die Erbsünde sei oder nicht sei, was auch der Mangel der ersten Gerechtigkeit sei. An diesem Ort aber haben wir nicht wollen von ihrer zänkischen Disputation subtiler oder weiter reden, sondern allein die Sprüche und Meinung der heiligen Väter, welchen wir auch gleichförmig lehren, mit klaren, gemeinen verständlichen Worten erzählen wollen.

Artikel III. Von Christo

Den dritten Artikel lassen ihnen die Widersacher gefallen, da wir bekennen, daß in Christo zwei Naturen sind, nämlich, daß Gottes Sohn die menschliche Natur hat angenommen und also Gott und Mensch eine Person, ein Christus ist; und daß derselbe für uns hat gelitten und ist gestorben, uns dem Vater zu versöhnen; und daß er auferstanden ist, daß er ein ewig Reich besitze alle Gläubigen heilige und gerecht mache usw., wie das Credo der Apostel und Symbolum Nicänum lehrt.

Artikel IV. Wie man vor Gott fromm und gerecht wird

Im vierten, fünften und sechsten und hernach im zwanzigsten Artikel verdammen die Widersacher unser Bekenntnis, daß wir lehren, daß die Gläubigen Vergebung der Sünden durch Christum ohne alles Verdienst allein durch den Glauben erlangen, und verwerfen gar trotziglich beides. Erstlich, daß wir nein dazu sagen, daß den Menschen durch ihre Verdienst sollten die Sünden vergeben werden. Zum andern, daß wir halten, lehren und bekennen, daß niemand Gott versöhnt wird, niemand Vergebung der Sünden erlangt denn allein durch den Glauben an Christum.

Dieweil aber solcher Zank ist über dem höchsten, vornehmsten Artikel der ganzen christlichen Lehre, also daß an diesem Artikel ganz viel gelegen ist, welcher auch zu klarem, richtigem Verstande der ganzen Heiligen Schrift vornehmlich dient und zu dem unaussprechlichen Schatze und der rechten Erkenntnis Christi allein den Weg weist, auch in die ganze Bibel allein die Tür auftut, ohne welchen Artikel auch kein arm Gewissen einen rechten, beständigen, gewissen Trost haben oder die Reichtümer der Gnade Christi erkennen mag: so bitten wir, kaiserliche Majestät wolle von dieser großen, tapferen, hochwichtigen Sache nach Notdurft und gnädig uns hören.

Denn dieweil die Widersacher gar nicht verstehen noch wissen, was durch diese Worte in der Schrift zu verstehen, was Vergebung der Sünden sei, was Glaube, was Gnade, was Gerechtigkeit sei, so haben sie diesen edeln, hochnötigen, vornehmsten Artikel, ohne welchen niemand Christum erkennen würde, jämmerlich besudelt und den hohen, teuren Schatz der Erkenntnis Christi, oder was Christus und sein Reich und Gnade sei, gar unterdrückt und den armen Gewissen einen solchen, so edeln, großen Schatz und ewigen Trost, daran es gar gelegen, jämmerlich geraubt.

Daß wir aber unser Bekenntnis bekräftigen und was die Widersacher vorgebracht, widerlegen mögen, so wollen wir zuvor erst anzeigen Grund und Ursache beiderlei Lehre, damit jeder Teil klarer zu vernehmen sei.

Die ganze Schrift beide Alten und Neuen Testaments wird in die zwei Stücke geteilt und lehrt diese zwei Stücke, nämlich Gesetz und göttliche Verheißungen. Denn an etlichen Orten hält sie uns vor das Gesetz, an etlichen bietet sei Gnade an durch die herrlichen Verheißungen von Christo; als, wenn im Alten Testament die Schrift verheißt den zukünftigen Christum und bietet ewigen Segen, Benedeiung, ewiges Heil, Gerechtigkeit und ewiges Leben durch ihn an, oder im Neuen Testament, wenn Christus, seitdem er gekommen ist auf Erden, im Evangelio verheißt Vergebung der Sünden, ewige Gerechtigkeit und ewiges Leben.

Hier aber, an dem Orte, nennen wir das Gesetz die zehn Gebote Gottes, wo dieselben in der Schrift gelesen werden. Von den Zeremonien und den Gesetzen der Gerichtshändel wollen wir hier nicht reden.

Von diesen zwei Stücken nehmen nun die Widersacher das Gesetz vor sich. Denn dieweil das natürliche Gesetz, welches mit dem Gesetz Mosis oder den zehn Geboten übereinstimmt, in aller Menschen Herzen angeboren und geschrieben ist, und also die Vernunft etlichermaßen die zehn Gebote fassen und verstehen kann, will sie wähnen, sie habe genug am Gesetz, und durchs Gesetz könne man Vergebung der Sünden erlangen.

Die zehn Gebote aber erfordern nicht allein ein äußerlich ehrbar Leben oder gute Werke, welche die Vernunft etlichermaßen vermag zu tun, sondern erfordern etwas viel Höheres. welches über alle menschlichen Kräfte, über alles Vermögen der Vernunft ist; nämlich will das Gesetz von uns haben, daß wir Gott sollen mit ganzem Ernst von Herzensgrund fürchten und lieben, ihn in allen Nöten allein anrufen und sonst auf nichts einigen Trost setzen. Item, das Gesetz will haben, daß wir nicht weichen noch wanken sollen, sondern aufs allergewisseste im Herzen schließen, daß Gott bei uns sei, unser Gebet erhört, und daß unser Seufzen und Bitten Ja sei; item, daß wir von Gott noch Leben und allerlei Trost erwarten sollen mitten im Tode, in allen Anfechtungen seinem Willen uns gänzlich anheimgeben, in Tod und Trübsal nicht von ihm fliehen, sondern ihm gehorsam sein, gerne alles tragen und leiden, wie es uns geht.

Hier haben die Scholastici den Philosophis gefolgt, und wenn sie wollen sagen, wie man vor Gott fromm wird, lehren sie allein eine Gerechtigkeit und Frömmigkeit, da ein Mensch äußerlich vor er Welt ein ehrbar Leben führt und gute Werke tut, und erdichten diesen Traum dazu, daß die menschliche Vernunft ohne den Heiligen Geist vermöge Gott über alles zu lieben. Denn wohl ist’s wahr, wenn ein Menschenherz müßig ist und nicht in Anfechtungen, und dieweil es Gottes Zorn und Gericht nicht fühlt, so mag es einen solchen Traum ihm erdichten, als liebe es Gott über alles und tue viel Gutes, viele Werke um Gottes willen; aber es ist eitel Heuchelei. Und auf die Weise haben doch die Widersacher gelehrt, daß die Menschen Vergebung der Sünden verdienen, wenn sie so viel tun, als an ihnen ist, das ist, wenn die Vernunft ihr läßt die Sünde leid sein und erdichtet einen Willen dazu, Gott zu lieben.

Und diese Meinung und irrige Lehre, dieweil die Leute natürlich dazu geneigt sind, daß ihre Verdienste und Werke vor Gott etwas geachtet und verdienen möchten, hat unzählig viel mißbräuchliche Gottesdienste in der Kirche angerichtet und geursacht, als da sind die Klostergelübde, Mißbräuche der Messe, wie denn solches unzählig, immer ein Gottesdienst über den andern, aus diesem Irrtum erdacht ist.

Und daß nur solch Vertrauen auf unsere Verdienste und Werke immer weiter ausgebreitet worden, haben sie unverschämt dürfen sagen und schließen, Gott der Herr müsse von Not Gnade geben denjenigen, die also gute Werke tun, nicht daß er gezwungen wäre, sondern da dies die Ordnung also sei, die Gott nicht übergehe noch ändere.

Und in diesen Stücken, eben in dieser Lehre, sind viel andere große, ganz schädliche Irrtümer und schreckliche Lästerungen Gottes begriffen und verborgen, welche alle bei Namen zu erzählen jetzt zu lang wäre. Allein das wolle doch um Gottes willen ein jeglicher christlicher Leser bedenken: Können wir durch solche Werke vor Gott fromm und Christen werden, so wollte ich gerne hören (und versucht alle euer Bestes, hier zu antworten), was doch für Unterschied sein wollte zwischen der Philosophen und Christi Lehre. So wir Vergebung der Sünden erlangen mögen durch solche unsere Werke oder actus elicitos, was hilft und dann Christus? Können wir heilig und fromm vor Gott werden durch natürliche Vernunft und unsere eigenen guten Werke, was brauchen wir dann des Blutes und Todes Christi, oder daß wir durch ihn neugeboren werden, wie Petrus 1 Pet. 1, 18ff, sagt?

Und aus dem gefährlichen Irrtum (dieweil man solchen öffentlich in Schulen gelehrt und auf den Predigtstühlen getrieben), ist es leider dahin geraten, daß auch große Theologen zu Löwen, Paris usw. von keiner andern christlichen Frömmigkeit oder Gerechtigkeit gewußt haben (obwohl alle Buchstaben und Syllaben im Paulo anders lehren) denn von der Frömmigkeit, welche die Philosophie lehrt. Und so es uns billig fremd sein sollte, und wir billig sie verlachen sollten, verlachen sie uns, ja verspotten Paulum selbst.

Also gar ist der schändliche, greuliche Irrtum eingerissen. Ich habe selbst einen großen Prediger gehört, welcher Christi und des Evangeliums nicht gedacht und Aristotelis „Ethicorum“ predigte; heißt das nicht kindisch, närrisch unter Christen gepredigt? Aber ist der Widersacher Lehre wahr, so ist das „Ethicorum“ ein köstlich Predigtbuch und eine feine neue Bibel.

Denn von äußerlich ehrbarem Leben wird nicht leicht jemand besser schreiben denn Aristoteles. Wir sehen, daß etliche Hochgelehrte haben Bücher geschrieben, darin sie anzeigen, als stimmten die Worte Christi und die Sprüche Sokratis und Zenonis fein zusammen, gleich als sie Christus gekommen, daß er gute Gesetze und Gebote gebe, durch welche wir Vergebung der Sünden verdienen sollten, und nicht vielmehr Gnade und Frieden Gottes zu verkünden und den Heiligen Geist auszuteilen durch sein Verdienst und Blut.

Darum so wir der Widersacher Lehre annehmen, daß wir Vergebung der Sünden verdienen mögen aus Vermögen natürlicher Vernunft und durch unsere Werke, so sind wir schon aristotelisch und nicht christisch, und ist kein Unterschied zwischen ehrbarem, heidnischem, zwischen pharisäischem und christlichem Leben, zwischen der Philosophie und dem Evangelio.

Wiewohl nun die Widersacher, damit sie des Namens Christi nicht gar als die gottlosen, rohen Heiden schweigen, also vom Glauben reden, daß sie sagen, es sei eine Erkenntnis der Historie von Christo, und wiewohl sie von Christo auch dennoch etwas sagen, nämlich daß er uns verdient habe einen habitum oder, wie sie es nennen, primam gratiam, die erste Gnade, welche sei achten für eine Neigung, dadurch wir dennoch Gott leichter denn sonst lieben können: so ist es doch eine schwache, geringe, kleine, schlechte Wirkung, die Christus also hätte, oder die durch solchen habitus geschähe. Denn sie sagen nichtsdestoweniger, daß die Werke unserer Vernunft und Willens, ehe derselbe habitus da ist, und auch danach, wenn derselbe habitus da ist, eiusdem speciei, das ist, vor und nach einerlei und ein Ding sei. Denn sie sagen, daß unsere Vernunft und menschlicher Wille an ihm selbst vermöge, Gott zu lieben, allein der habitus bringe eine Neigung, daß die Vernunft dasselbe, das sie zuvor wohl vermag, desto lieber und leichter tue. Darum lehren sie auch, daß derselbe habitus müsse verdient werden durch unsere vorgehenden Werke, und daß wir durch die Werke des Gesetzes Vermehrung solcher guten Neigung und das ewige Leben verdienen.

Also verbergen uns die Leute Christum und begraben ihn aufs neue, daß wir ihn nicht für einen Mittler erkennen können. Denn sie schweigen gar, daß wir lauter aus Gnaden, ohne Verdienst Vergebung der Sünden durch ihn erlangen, sondern bringen ihre Träume aus, als könnten wir durch gute Werke und des Gesetzes Werke Vergebung der Sünden verdienen, so doch die ganze Schrift sagt, daß wir das Gesetz nicht vermögen zu erfüllen oder zu halten. Und so die Vernunft am Gesetz nichts ausrichtet, denn daß sie allein äußerliche Werke tut, im Herzen aber fürchtet sie Gott nicht, so glaubt sie auch nicht, daß Gott ihrer wahrnehme. Und wiewohl sie von dem habitus also reden, so ist es doch gewiß, daß ohne den Glauben an Christum rechte Gottesliebe in keinem Herzen sein kann; so kann auch niemand verstehen, was Gottes Liebe ist, ohne den Glauben.

Apologie 2,42-4,18

Schlußkollekte

Kündlich groß ist das gottselige Geheimnis, Halleluja. Gott ist geoffenbart im Fleisch. Halleluja. 

Wir danken Dir, allmächtiger Herre Gott, daß Du uns durch diese heilsame Gabe erquickt hast und bitten Deine Barmherzigkeit bereite Du selbst durch diese himmlische Speise unsre Herzen, auf daß wir in der Gemeinschaft Deines Sohnes Dich allezeit mit fröhlichem Munde rühmen und preisen. Durch unseren Herrn IX, Deinen Sohn, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert in Ewigkeit. Amen. 

ebd. S.18. 

+ Der Herr sei mit Euch +

Der Herr segne und behüte Dich. Der Herr lasse Sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig. Der Herr erhebe Sein Angesicht auf Dich und schenke Dir Seinen Frieden.

4. Mose 6,24-26

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About Wilhelm Weber

Pastor at the Old Latin School in the Lutherstadt Wittenberg
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