Das wir vergebung der Sunde allein durch den Glauben an Christum erlangen

Weiter lesen wir in der Apologie des Augsburgischen Bekenntnisses des Magisters Philipp Melanchthon (1530) übersetzt von Justus Jonas.

Das wir vergebung der Sunde allein durch den Glauben an Christum erlangen

Wir halten, die widersacher müssen bekennen, das fur allen dingen zu der rechtfertigung vonnöten sey vergebung der sunde, denn wir sind alle unter der sunde geborn, darümb so schliessen wir nu also: Vergebung der sunde erlangen und haben, dasselbig heist: fur Gott gerecht und from werden, wie der xxxi. Psalm sagt: „Wol dem, dem die übertretung vergeben ist.“ Allein aber durch den glauben an Christum, nicht durch die liebe, nicht umb der liebe odder werck willen erlangen wir vergebung der sunde, wiewol die liebe folget, wo der glaub ist. Derhalben mus folgen, das wir allein durch den glauben gerecht werden, denn gerecht werden heisset ja, aus einem sünder from werden und durch den heiligen geist neu geborn werden. Das wir aber allein durch den glauben, nicht durch die liebe vergebung der sunde erlangen, wollen wir jtzund klar machen.

Die widdersacher reden kindisch von diesen hohen dingen, sie fragen, ob es einerley verenderung sey, vergebung der sunde und eingissung der gnade, odder ob es zwu sein. Die müssigen, unerfarnen leute können doch gar nicht von diesen sachen reden. Denn sunde recht fülen und Gottes zorn, ist nicht so ein schlecht, schlefferig ding. Widderümb vergebung der sunde ergreiffen, ist nicht so ein schwacher trost. Denn also sagt Paulus Corin. xv: Die stachel des todes ist die sunde, die krafft aber der sunde ist das gesetz, Gott aber sey lob, der uns gibt uberwindung durch Jhesum Christum, unseren Herrn“ i.e. die sunde erschreckt das gewissen, das geschicht durchs gesetz, wilchs uns Gottes ernst und zorn zeigt widder die sunde. Aber wir liegen ob (d.h. gewinnen, überwinden) durch Christum. Wie geschicht das? Wenn wir gleuben, wenn unser hertzen widder auffgericht werden und sich halten an die verheissung der gnade durch Christum. So beweisen wir nu dieses also, das wir durch den glauben an Christum und nicht durch werck vergebung der sunde erlangen. Nemlich, Gottes zorn kan nicht versünt noch gestilt werden durch unser wercke, sondern allein Christus ist der mitler und versünder und umb seinetwillen allein wird uns der vater gnedig. Nu kann Christum niemands als einen mitler fassen durch werck, sondern allein das wir dem wort gleuben, wilchs inen als ein mitler prediget.

Darümb erlangen wir allein durch den glauben vergebung der sunde, wenn unser hertz getröstet und auffgerichtet wird durch die Göttliche zusage, wilche uns umb Christus willen angeboten wird. Item, Paulus zu den Römern am v: „Durch ihnen haben wir ein zugang zum vater“, und sagt klar dazu: „durch den glauben.“ Also werden wir nu und nicht anders dem vater versünet. Also erlangen wir vergebung der sunde, Wenn wir auffgericht werden, fest zu halten an der zusage, da uns gnad und barmhertzickeit verheissen ist durch Christum. Die widdersacher, die verstehen dieses vom mitler und versüner Christo also, Das Christus uns verdiene die liebe odder den „Habitum dilectionis“, und sagen nicht, das wir ihnen als einen einigen mitler brauchen müssen, Sondern stecken Christum widder ins grab, ertichten ein anders, als haben wir ein zutrit durch unser werck, Item, als verdienen wir durch werck den Habitum und können darnach durch die liebe zu Gott komen.

Das heist jhe Christum widder ins grab stecken und die gantze lare vom glauben wegnemen;  dagegen aber leret Paulus klar, das wir ein zutrit haben, das ist versünung Gottes durch Christum. Und das er anzeige, wie dasselbig geschehe, so setzt er dazu: „durch den glauben haben wir den zutrit“ durch den glauben entpfahen wir vergebung der sunde aus dem verdienst Christi und können Gottes zorn nicht stillen denn durch Christum. So ist leicht zu verstehen, das wir nicht vergebung verdienen durch unser werck odder lieb.

Zum andern ist gewis, das die sunde vergeben werden umb des versüners Christi willen. Rom.iii: „Wilchen Gott dargestellet hat zu einem gnadenstul“ odder zu einem versüner; und setzt dazu: „durch den glauben“. So wird uns der versüner nu also nütz, wenn wir durch den glauben fassen das wort, dadurch verheissen wird barmhertzigkeit, und dieselbigen halten gegen Gottes zorn und urteil. Und dergleichen stehet geschrieben Ebre am iiii: „Wir haben einen hohen Priester Christum“ etc, last uns zu ihm tretten mit freidickeit!“ Er heist uns zu Gott tretten, nicht im vertrauen unserer werck, sondern im vertrauen auff den hohen Priester Christum; derhalben foddert er jhe klar den glauben.

Vor das drit, Petrust inn geschichten der Aposteln am x sagt: „Dem Jhesu geben zeugnis alle Propheten, das wir vergebung der sunde durch seinen namen erlangen sollen, alle die inn ihnen gleuben.“ Wie hette doch Petrus klerer können reden? Er sagt: „vergebung der sunde entpfahen wir durch seinen namen“, das ist, durch ihnen erlangen wir sie, nicht durch unser verdienst, nicht durch unser reu odder attrition, nicht durch unser liebe, nicht durch einigen Gottesdienst, nicht durch einige menschensatzung odder Wercke, und setzet dazu: wor wir „inn ihnen gleuben.“ Derhalben wil er, das ein glaub im hertzen sey, darümb sagt er: es zeugen mit einem mund von dem Christo alle Propheten. Das mein ich, heist recht die Christlich kirchen odder Catholick kirche allegirt. Denn wenn alle heilige Propheten zeugen, das ist jhe ein herlich gros, trefflich, starck Decret und zeugnis. Aber von dem spruch wollen wir darunden weitter reden.

Zum vierden, vergebung der sunde ist verheissen umb Christus willen. Darümb kann sie niemands erlangen denn allein durch den glauben. Denn die verheissung kann man nicht fassen, noch derselben teilhafftig werden denn allein durch den glauben. Rom. Iiii: „Derhalben mus die gerechtigkeit durch den glauben komen, auff das sie sey aus gnaden und die verheissung fest bleibe“, Gleich als solt er sagen: so unser heil und gerechtigkeit auff unserm verdienst stünde, so were die verheissung Gottes immer noch ungewis und were uns unnütz, denn wir konnten nimmer des gewis sein, wenn wir gnug verdienet hetten. Und dieses verstehen frome hertzen und Christliche gewissen fast wol, nömen nicht tausent welt, das unser heil auff uns stunde. Damit stimpt Paulus zum Galatern: „Gott hat alles unter der sunde beschlossen, das die verheissung aus dem glauben Jhesu Christi den gleubigen widerfare.“ Da stöst Paulus allen unsern verdienst danider, denn er sagt: wir sind alle schüldig des todes und unter der sund beschlossen. Und gedenckt der Göttlichen zusage, dadurch wir allein vergebung der sunde erlangen, und setzt noch weiter dazu, wie wir der verheissung teilhafftig werden: Nemlich durch den glauben. Und dieser grund, dieses argument, da Paulus aus art und natur der Göttlichen verheissung schleust, nemlich also: So Gottes verheissung gewis sein und fest stehen sol, wie sie nicht feilen kan, so mus vergebung der sunde nicht aus unserm verdienst sein, sonst were sie ungewis, und wüsten nicht, wenn wir gnug verdienet hetten. Ja, dis argument, sage ich, und der grund ist ein rechter fels und fast das sterckste im gantzen Paulo und wirdet gar offte erholet und angezogen inn allen Episteln.

Es wird auch nimmermehr auff erden ein mensch etwas trachten und tichten odder erdencken, dadurch der einig grund allein, wenn sonst nichts were, müge umbgestossen werden. Es werden auch frome hertzen und Christliche gewissen sich inn keinen weg lassen hievon abfüren. Nemlich, das wir allein durch den glauben umb Christus verdiensts willen vergebung der sunde haben. Denn da haben sie ein gewissen, starcken, ewigen trost widder die sunde, Teuffel, Tod, Helle; das ander alles ist ein sandgrund und bestehet nicht inn anfechtungen.

So wir nu allein durch den glauben vergebung der sunde erlangen und den heiligen Geist, so macht allein der glaub fur Gott from. Denn diejhenigen, so mit Gott versünet sind, die sind fur Gott from und Gottes kinder, nicht umb ihrer reinigkeit willen, sondern umb Gottes barmhertzigkeit willen, so sie dieselbigen fassen und ergreiffen durch den glauben. Darümb zeuget die schrifft, das wir durch den glauben fur Gott from werden. So wollen wir nu sprüche erzelen, wilche klar melden, das der glaube from und gerecht mache nicht derhalben, das unser gleuben ein solch köstlich, rein werck sey, sondern allein derhalben, das wir durch gleuben und sonst mit keinem ding die angebottene barmhertzigkeit entpfahen.

Paulus inn der Episteln zu den Römern handelt fornemlich dieses stück, wie ein mensch fur Gott from werde, und beschleust, das alle, die da gleuben, das sie durch Christum ein gnedigen Gott haben one verdienst, durch den glauben fur Gott from werden; und diesen gewaltigen beschlues, diese proposition, inn wilcher gefasset ist die heuptsache der gantzen Epistln, ja, der gantzen schrifft, setzet er im vierden Capitel mit dörren, klaren worten also: „So halten wir es nu, das der mensch gerecht werde one des gesetzs werck, allein durch den glauben.“ Da wollen die widdersacher sagen, Paulus habe ausgeschlossen allein die Jüdischen Ceremonien, nicht andere tugentliche wercke. Aber Paulus redet nicht allein von Ceremonien, sondern eigentlich, gewis redet er auch von allen andern wercken und von dem gantzen gesetze odder zehen geboten. Denn im vii. Capitel hernach zeuhet er an den spruch aus den zehen geboten: „Las dich nicht gelüsten“; und so wir durch andere wercke, wilche nicht Jüdische Ceremonien werden, konnten vergebung der sunde erlangen und dadurch gerechtickeit verdienen, was were denn Christus und sein verheissung vonnöten? Da lege schon danider alles, was Paulus von der verheissung an so viel orten redet. So schriebe auch Paulus unrecht zu den Ephesern, da er sagt: „one verdienst umbsonst seid ihr selig worden, denn Gottes gabe ist es, nicht aus wercken.“ Item, Paulus zeucht an inn der Episteln zu den Römern Abraham und David; dieselbigen hatten ein befehl und Gottes gebot von der beschneidung. So nu irgent ein werck fur Gott from machet, so müsten jhe die wercke, die dazumal Gottes befehl hatten, auch gerecht und from gemacht haben.

Apologia der Confession verdeutscht aus dem Latin durch Justum Jonam: AC IV (Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche hg.v Dingel u.a. i.A. der EKD (V&R: 2014. S.298-306)
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Pastor at the Old Latin School in the Lutherstadt Wittenberg
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