Wie man fur Gott from und gerecht wird (AC IV)

Rudolf Schäfer: Genesis

In den Artikeln 4,5,6 und 20 verdamnen die widdersacher unser bekentnis, das wir leren, das die gleubigen vergebung der sunde durch Christum one alle verdienst, allein durch den glauben erlangen, und verwerffen gar trötzlich beides. Erstlich, das wir nein dazu sagen, das den menschen durch ihren verdienst sollten die sunde vergeben werden. Zum andern, das wir halten, leren und bekennen, das niemand Gott versünet wird, niemands vergebung der sunde erlanget denn allein durch den glauben an Christum.

Dieweil aber solcher zanck ist uber dem höchsten, furnemsten Artikel der gantzen Christlichen lere, also das an diesem Artikel gantz viel gelegen ist, wilcher auch zu klarem, richtigem verstande der gantzen heiligen schrifft furnemlich dienet und zu dem unaussprechlichen schatz und dem rechten erkenntnis Christi allein den weg weiset, auch inn die gantzen Bibel allein die thür auffthut, one welchen Artikel auch kein arm gewissen ein rechten, bestendigen, gewissen trost haben odder die reichthümer der gnaden Christi erkennen mag, So bitten wir, Keiserlich Maiestat wollen von dieser grossen, tapffern, hochwichtigen sachen nach notturfft und gnediglich uns hören. Denn dieweil die widdersacher gar nicht verstehen noch wissen, was durch diese wort inn der schrifft zu vorstehen, was vergebung der sunde sey, was glaube, was gnade, was gerechtigkeit sey, so haben sie diesen edeln, hochnötigen fürnemsten Artikel, one welchen niemands Christum erkennen wirdet, jemerlich besüddelt und den hohen theren schatz des erkentnis Christi odder was Christus und sein reich und gnade sey gar unterdrückt und den armen gewissen ein solchen, so edelene, grossen schatz und ewigen trost, daran es gar gelegen, jemerlich geraubet. Das wir aber unser bekenntnis bekrefftigen und, was die widdersacher fürbracht, verlegen mügen, so wöllen wir zuvor erst anzeigen grund und ursach beiderley lere, damit jeder teil klerer zu vernemen sey.

Die gantze schrifft, beide, alts und neues Testaments, wird inn die zwey stück geteilet und leret diese zwey stück, nemlich gesetz und Göttliche verheissungen. Denn an etlichen örten helt sie uns für das gesetz, an etlichen beut sie gnad an durch die herlichen verheissung von Christo, als wenn im alten Testament die schrifft verheisset den zukünfftigen Christum und beutet ewigen segen, benedeiung, ewiges heil, gerechtickeit und ewiges leben durch ihn an oder im neuen Testament, wenn Christus, sieder (seitdem) er komen ist auff erden, im Evangelio vorheisset vergebung der sunden, ewige gerechtickeit, ewiges leben. Hie aber an dem ort nennen wir das gesetze die zehen gepot Gottes, wo dieselbigen inn der schrifft gelesen werden. Von den Ceremonien und den gesetzen der gerichtshendel wöllen wir hie nicht reden.

Von diesen zweien stücken nehmen nu die widdersacher das gesetz für sich; denn dieweil das natürlich gesetz welchs mit dem gesetz Mosi odder zehen gepoten ubereinstimmet, inn aller menschen hertzen angeporn und geschrieben ist und also die vernunfft etlichermass die zehen gepot fassen und verstehen kann, will sie wehnen, sie habe gnug am gesetz und durch gesetze könne man vergebung der sunden erlangen. Die Zehen gepot aber erfoddern nicht allein ein eusserlich erbar leben odder gute werck, welche die vernunfft etlichermass vormag zu thuen, sondern erfoddern etwas viel höhers, welchs uber alle menschliche krefft, uber alle vermügen der vernunfft ist, nemlich, will das gesetz von uns haben, das wir Gott sollen mit gantzem ernst, von hertzengrund fürchten und lieben, ihnen in allen nöten allein anruffen und sonst auff nichts einigen trost setzen. Item, das gesetz wil haben, das wir nicht weiche noch wancken sollen, sondern auffs allergewisseste im hertzen schliessen, das Gott bey uns sey, unser gebet erhöret und das unser seufftzen und bitten Ja sey, Item, das wir von Gott noch leben und allerley troste erwarten sollen mitten im tode, in allen anfechtungen seinem willen uns gentzlich heimgeben, im tod und trübsal nicht von ihm fliehen, sondern ihm gehorsam sein, gerne alles tragen und leiden, wie es uns gehet.

Hie haben die Scholastici den Philosophis gefolget, und wenn sie wöllen sagen, wie man für Gott frum wird, leren sie allein ein gerechtickeit und frömkeit, da ein mensch eusserlich für der welt ein erbar leben füret und gute werck thut, und ertichten diesen traum dazu, das die menschliche vernunfft one den heiligen geist vermüge, Gott uber alles zu lieben. Denn wol ists war, wenn ein menschenhertz müssig ist und nicht inn anfechtungen, und dieweil es Gottes zorn und gericht nicht fület, so mag es ein solchen traum ihm ertichten, als liebe es Gott uber alles und thue viel gutes, viel werck umb Gottes willen, aber es ist eitel heucheley. Und auff die weis doch haben die widdersacher geleret, das die menschen vergebung der sunde verdienen, wenn sie so viel thun, als an ihnen ist, das ist, wenn die vernunfft ihr lest die sunde leid sein und ertichtet ein willen dazu, Gott zu lieben. Und diese meinung und irrige lere, dieweil die leute natürlich dazu geneigt sind, das ihr verdienst und werck für Gott etwas geachtet und verdienen mochten, hat unzelich viel missbreuchlich Gottsdienst inn der kirchen angericht und geursacht, als sind die Clöstergelübde, misbreuche der Messen, wie denn solchs unzelich immer ein Gottesdinest uber den andern aus diesem irthumb erdacht ist, und das nur solch vertrauen auff unser verdienst und wercke immer weiter ausgebreitet worden, haben sie unvorschempt dürffen sagen und schliessen, Gott der Herr müsse von not gnade geben denjhenigen, die also gute werck thun, nicht das er gezwungen were, sondern das dis die ordnung also sey, die Gott night ubergehe noch endere.

Apologia der Confession verdeutscht aus dem Latin durch Justum Jonam: AC III (Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche hg.v Dingel u.a. i.A. der EKD (V&R: 2014. S.266+268+270)
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About Wilhelm Weber

Pastor at the Old Latin School in the Lutherstadt Wittenberg
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