Ein Jahresrückblick auf 2023.

Erschienen ist uns der Tag, den Gott geheiligt. Kommt herzu, Ihr Völker, und betet an den Herrn; denn heute steigt herab das große Licht auf die Erde. Halleluja

Altkirchlich

In diesem Jahr schreibe ich meinen Jahresrückblick unrasiert und fern der Heimat. Die Gottesdienste in der Christuskirche sind wie schon in meiner Schul- und Vikarszeit besonders festlich. Der alte Lucht saß wie gewohnt an der Orgel. Nur die schmetternde Oberstimme von GT fehlte. Wir übrigen mühten uns mit dem hohen Stimmsatz ab, andere gaben bald auf und brummten ihren Bass dazu. Heute Abend soll die Christvesper schon eine Stunde früher stattfinden. Das soll den Familien das Teilnehmen erleichtern. Komisch. Ich fand 18h00 immer eine geeignete Zeit. So habe ich auch noch eine Stunde weniger Zeit für dieses Schreiben. Vielleicht dauert es noch in die Christtage hinein.

Christuskirche 2023 (Kirchdorf, KZN)

Meine Planung ist so und so durcheinandergeraten. Zu Beginn der Woche habe ich nicht mit meinem familiären Rückblick begonnen, sondern gehört, daß ich noch was Besinnliches für die anstehende Hochzeit hersagen sollte. Das war genug, um diese Woche umzukratzen. Naja, die Hochzeit ist Geschichte und das Aufgeschriebene abgelesen. Nicht gerade meine Idee von Weihnachtsvorbereitung und noch weniger von gemächlicher Erinnerung an das vergangene Jahr. Dazu müssen jetzt die nächsten Tage reichen, obwohl ich dann schon wieder die Koffer packe und gen Norden ziehe. Mal sehen, ob der Rückflug so beeindruckend wird wie der Hinflug mit Algier Airline. Da bin ich kurz vor Mittag von der algerischen Küste los und über die weite Wüstenlandschaft der Sahara und den grünen Urwäldern des Kongo ehe die weiten Wolkenbänke mich in ihre luftigen Kissen aufnahmen und meine Blicke den afrikanischen Tiefen entzog. Unterwegs hörte ich die Novelle „Kein guter Mann“ von Andreas Izquierdo und von Uve Teschner vorgelesen. Das hat mich vortrefflich unterhalten. Das fast leere Flugzeug war wie eine Zeitmaschine über den zeitlosen Weiten Afrikas. Nur eine algerische Flugmannschaft teilte die Kabine mit mir. In Johannesburg holte mich Matzi ab. Wir waren zwei Stunden früher als angesagt angekommen. Da hatte ich Zeit mich an dem Bodenpersonal zu freuen und an den vielen Touristen sowieso. Draußen bin ich nicht erfroren, sondern genoss den Trubel auf dem Bürgersteig, wo eine bunte Menge ihre Straße zog. Irgendwann ist mein Sohn dann auch aufgekreuzt und wir sind nach Hause in die Rubida Straße. Dort habe ich mich erstmal richtig breitgemacht.

Schwester Renate lud mich gleich am ersten Abend ein zum Abendbrot mit ihren Kindern und einiger unserer Neffen und Nichten. Heinrich Voges erkannte mich sofort beim Eintreten und erzählte wie gehabt eine Geschichte nach der anderen, denn obwohl er schon 94 ist und kaum mehr hören kann, kann er doch noch erstaunlich klar berichten aus lang vergangenen Zeiten. Sie passen ihn gut auf. Wir hatten eine gemütliche Stunde zusammen ehe sie ihn zum Mittagessen abholten. Bei Matzi hat außer Timo und Sigubudu, jetzt noch Dieter M. eine Bleibe gefunden. So haben wir in den folgenden Tagen oft ihre hektischen Arbeitstage ruhig ausklingen lassen. Matzi mit zusätzlicher Zigarette und wir begnügt mit Windhoek. Der Woodlands Kingfisher, Cape Robin und Olive Trush wechseln sich ab Zuhörer zu begeistern. Die Bushbabies sind auch noch heimisch in unserem lauschigen Garten, aber nur abends unterwegs. Die alten Bäume sind herrlich grün. Einige die zu nahe an der Straßenmauer gepflanzt sind, wurden schlimm verbrannt als die Stadt die Grasflächen an der Straße gebrannt hat. Das hätte viel schlimmer werden können. Ich habe drei Bananenstauden, einen Maulbeerbaum und eine Akazie rausgesägt. Mehr habe ich an dem einen Tag, den ich die  Kettensäge ausgeliehen habe, nicht geschafft. Den Rest an Witstinkhout, Palmensträngen, Sereng und anderen Wucherern habe ich mit der Handsäge und der großen Gartenschere entfernt. Sigubudu hat sie auf den großen Komposthaufen getragen. Darum ist dort jetzt auf Monate erst kein Platz mehr. Hoffentlich bricht dort nicht mal ein Feuer aus.

Am ersten Wochenende bin ich nach St.Paulus. Dort fiel das Ende des Kinderlagers mit dem 2.Adventssonntag zusammen. Wir sahen viele Freunde und Bekannte, aber auch Familie wie die von Dieter Weber, Dietmar Dedekind und Thomas Beneke. Da Timo in Deutschland war, durfte ich mit seinem neuen Auto (Jimmy/Suzuki) fahren. Da war die weite Fahrt in den Krügerpark ein wunderbarer Ausflug. Online habe ich Platz in Berg-en-Dal gebucht  und dann auch noch in Pretoriuskop. In der ersten Stelle hatten sich unsere Kinder Detlev und Biljana kürzlich verlobt und in der zweiten wollte Matzi mich dann fürs Wochenende vom 3. Advent besuchen ehe ich zu meiner Mutter in Welbedacht weiterfuhr.

Die Fahrt nach Krüger war schon ganz besonders, aber nichts im Vergleich mit den abwechslungsreichen Tagen in unserem schönsten Nationalpark. Es war alles so grün wie es eben nur im Hochsommer ist und nach ertragreichstem Regen. Die vielen Zugvögel, die prächtigen Bäume und vielen, vielen kleinen Nachkommen – nicht nur bei den Impalas, sondern auch bei Elefanten, Rhinozerossen, Löwen und Büffeln war es so. Wir sahen Leoparden, wilde Hunde, Rappenantilopen, Njalas, Wasserböcke, Gnus und vieles mehr. Ich habe Schildkröten, Koggelmanders, Duiker, Steenbokkies, Puffottern, Bushbabies, Eichhörnchen, Käfer und Spinnen fotografiert – und zig Vögel, aber nur eine Eule gehört. Vielleicht bin ich zu früh ins Bett. Wer bereits um 4h00 aufsteht, ist abends nicht mehr so lange aktiv. Oft regnete es. Das kühlte gehörig ab. Es war nie zu heiß. Im Gegenteil, am ersten rief ich Matzi an, er solle mir bloß einen Pullover und so weiter mitbringen, weil ich sonst frieren würde. So zog ich dann ab und zu meinen Pyjamatop an und sah deswegen sicher noch verschlafener als sonst aus. An einem Morgen habe ich einen „guided walk“ mit dem Richter Willie von Koster (W. Transvaal) mitgemacht. Die anderen Teilnehmer waren junge Leute, die vor zwanzig Jahren nach Australien ausgewandert waren und nun ihr Vaterland erkunden wollten. Eine andere Mitläuferin war aus der Kap. Well, Willie hat seine Sache hervorragend gemacht. Wir haben auf dem Weg vieles gelernt und manches aus nächster Nähe schätzen gelernt. Die Hyänen, Zebras und Elefanten waren sicher die größten Säugetiere, die wir zu Gesicht bekommen haben. Ohne Matz bin ich dann am Montag über Skukuza über den Erdweg N’watimhiri nach Lower Sabie. Das war ein besonders schöner und an diesem Regentag besonders einsamer Weg. Außer Elefanten und Büffeln waren die eindrücklichsten Bäume zu sehen, aber auch Felsformationen und fast leere Flußläufe, die nur ab und zu mehr Wasser stauten. Vor Mittag bin ich dann bei Crocodile Bridge raus und über Malelane und Kap Muiden nach Barberton, wo ich Chicken Wings von KFC und einen gerösteten Mealis von einer Mami am Straßenrand kaufte. Dann ging es weiter durch die grüne Welt nach Badplaas (eManzana) bis nach Piet Retief (Mkhonda) und Paulpietersburg (eDumbe) und endlich zu meiner Mutter auf der Benekeschen Farm: „Welbedacht“.

Bei meiner Mutter habe ich eine knappe Woche besucht. Das war natürlich viel zu kurz, aber dennoch eine besonders schöne Zeit. Wer hätte gehofft, daß es ihr wieder so gut gehen würde nach dem Schrecken des Schlaganfalls vor einigen Monaten. Sie hat mich morgens bis abends bekocht – und außer deutschen Klösen, gab es natürlich auch adventliche Plätzchen und viele altbekannte Leckereien aus der Ziegenhagenschen Küche plus den zusätzlichen südafrikanischen Spezialitäten, die Mama sich so selbstverständlich zu eigen gemacht hat. Wenn ich schon Deutscher bin dank ihrer Mutterschaft, so ist sie doch schon viel länger Südafrikanerin. Sie würde sagen – das ganze liebe Leben lang.

Im neuen Jahr erwartet unsere Tochter unser erstes Enkelkind – und das wieder in der alten Heimat Deutschland. Damit wären wir dann auch mit einem Schlag Großeltern und in diesen begnadeten Zustand versetzt – ohne eigen Verdienst und Würdigkeit, allein Dank der göttlichen Güte und Barmherzigkeit. Seit der Wende in Deutschland und im südlichen Afrika, die bekanntlich eng verknüpft ist und jeweils von der sowjetischen Implosion damals abhing (und Gottes unergründlichem Wirken zur Linken und mit unbegrenzter Allmacht und Alleinwirksamkeit) ist unsere doppelte Staatsbürgerschaft näher gerückt als je zuvor. In unserer Familie bin ich der letzte, der offiziell nur Südafrikaner ist, aber da meine Mutter Deutsche war als ich damals bei der Republikwerdung 1961 geboren bin, steht mir diese Staatsbürgerschaft rechtlich zu. Es ist m.E. nur noch eine Frage der Zeit – und die bürokratischen Mühlen mahlen bekanntlich noch langsamer und längst nicht so fein wie es die altbewährten und göttlichen tun. Thomas, der Sohn meines Cousins Eckart in Jersey/England, versucht es jetzt sogar durch die Mutterschaft meiner Großmutter Maria Friedericke Elisabeth Charlotte geborene Eisenberg genannt Lieselotte aus Dreihausen. Alle Wege führen nach Rom und wir werden wohl endlich wieder als Deutsche anerkannt werden, obwohl wir unser ganzes Leben als solche tituliert und gehalten wurden. So hat Eksteen Botes in Boekenhout (UP) mich mit meinem Freund Matthias schon damals „donker Duitser“ genannt, aber ich selber fühlte mich schon früh als solcher. Gerade als mein Vater vom Hauptlehrer in Uelzen bei Glencoe den Auftrag bekam mit mir Englisch üben zu sollen und ich mich dagegen wehrte: „Ich bin ein Deutscher!“ Fast wie der alte Hendrik Biebouw, der meinte: “Ik ben een Afrikaner” (17.März 1707) Diese Heimatverbundenheit mit Deutschland wurde sicher durch die monatelangen Besuche in 1967 und 1976 bestärkt, aber noch mehr durch das Studium von 1986 bis 1992. Inzwischen bin ich ja schon wieder fünf Jahre ansäßig in Deutschland und meine Aufenthaltsgenehmigung (Aufenthaltstitel) gilt bis 2031. Da habe ich schon Grund genug anzunehmen, daß ich berechtigterweise in sowohl Südafrika als auch in Deutschland daheim bin und mich entsprechend zuhause fühle.

Es ist ein großes Vorrecht weltweit so willkommen zu sein. Selbst die N.Amerikaner haben uns dieses Jahr mit offenen Armen begrüßt als wir unseren Sohn Detlev in Seattle und dann unseren Pastor Mark Loest im Norden Wisconsins und dann noch in unserer Immanuelsgemeinde in Frankentrost besucht haben. Präsident Harrison läßt sich ja niemals lumpen, sondern tut so viel mehr als man erwarten könnte. Daß Angelika und ich zusammen den LCMS Convention mitmachen konnten, war ein tief bewegendes Erlebnis. Besonders die synodalen Gottesdienste haben gerade Angelika tief beeindruckt. Ich hatte ähnliches ja schon vorher mitgemacht, aber für meine Frau war es ein unerwarteter Höhepunkt. Sie meinte sogar, daß sei ja fast schon himmlisch. Mehr geht diesseits wohl kaum.

In der Passionszeit und bis in die stille Woche flogen wir in den Osterferien Angelikas nach Israel und haben in kurzer Zeit Nazareth, Bethlehem und Jerusalem, aber auch Tel Aviv, Masada und Jericho besucht. Von allen Orten dieser Welt hat mich Jerusalem am meisten angesprochen. Dort würde ich gerne länger verweilen. Vielleicht im Österreichischen Hospiz oder in diesem oder jenem Kloster oder der Herberge des deutschen Ritterordens.

Wir hatten in diesem Jahr viel vor. Gott sei Lob und Dank haben wir das gut überstanden. Inzwischen beschreiben wir das tägliche Ergehen in personalisierten Botschaften auf “Whatsapp” und nicht mehr auf FB. Dort beschränke ich mich auf das Mitteilen einer einfachen Andacht mit fortlaufender und einer Tageslese.

Mal sehen, was das nächste Jahr des Herrn 2024 mit sich bringt. Wir wissen schon jetzt, daß der liebe Gott derselbe ist und bleibt, wie er gestern war und heute ist und morgen sein wird. Er, der in Jesus Christus Mensch wurde, um uns heim zum Vater zu bringen, teilte er uns seinen Geist mit, der uns zum wahren Glauben führt und darin erhält – aus Gnaden und um Jesu Christi willen. Er unser Herr und unser Gott – Vater, Sohn und Heiliger Geist – jetzt und in Ewigkeit. Er führet alles wohl + Das tut er über Bitten und Verstehen, um seiner Güte und Freundlichkeit willen – an uns und unseren Kindern des sind wir fröhlich. Heute und allzeit. Euch wünschen wir ein frohes Weihnachtsfest und ein friedliches neues Jahr. Der Herr bleibe bei Euch und gebe Euch seinen Frieden. Amen.

Eure Webers aus Wittenberg

Wilhelm und Angelika.

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About Wilhelm Weber

Pastor at the Old Latin School in the Lutherstadt Wittenberg
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