Wer eine Reise tut, kann was erzählen… sagte mein Vater damals immer mal wieder. Das lag nicht nur an den abwechslungsreichen Gästen, die wir in Enhlanhleni hatten, sondern auch aus eigener Erfahrung. Schließlich war er ja schon in jungen Reisen mit dem Schiff nach Dreihausen und dann bald mit dem Flugzeug zum Studium in Bleckmar, Hamburg und Oberursel. Oder ist er mit O.Stilfried auch noch mit dem Schiff gefahren? Das weiß ich jetzt gar nicht mehr. Mama wird es wohl noch wissen.
Es lief ja bisher alles wie am Schürchen. Immer waren da ein paar Verzögerungen. Mehr aber nicht. Der Taxifahrer mußte erst den Van vom Schnee befreien. Darum habe ich erst zweimal mit seiner Chefin telefoniert. Ich wollte doch wirklich nicht wieder den IC nach Frankfurt verpassen. Nach einer kurzen Wartezeit am eiskalten Gleis 2 ging es dann aber im Wagen 3 und Sitz 124 wie gebucht los. Ich saß bis Leipzig in Fahrtrichtung. Dann kam ein junger Spund und setzte sich mir quer gegenüber. Er machte aber immer wieder deutlich, daß er eigentlich auch gebucht und mir direkt gegenüber sitzen sollte. Doch mein iMac war im Weg. Da er auch so einen hatte, blieb er dann im Gangsitz und hatte nicht so eine tolle Sicht wie ich, obwohl er von Anfang an in die Fahrtrichtung guckte. Ein anderer Mann war schon von Berlin oder früher im Zug. Der saß an dem Tisch der neben uns war. Von dem hörte und sah man nichts. Er hatte sich auch mit Kopfhörern gegen den Lärm der Welt isoliert – genau wie mein Gegenüber. Da war es wunderbar ruhig und bis auf die Schaffner hat uns keiner gestört. Wir haben unser eigen Ding getan und sind dann alle zusammen mit ungefähr 3 Minuten (!) in Frankfurt am Hauptbahnhof ausgestiegen.
Ich wußte, daß die S9 ganz ausfiel und ich deswegen entweder mit 1 oder mit der 8 fahren sollte. Als erste kam die S1 nach Wiesbaden. Da bin ich gut reingekommen und stand schon ganz parat als ich zum Glück noch meinen Nebenmann fragte, ob der Zug denn auch beim Flughafen vorbei fuhr. Das verneinte er aber. Da bin ich Gott sei Dank noch heile und schnell genug rausgekommen. Und wartete dann auf dem vollen Bahnsteig 103 auf den nächsten – und richtigen. Reisen bleibt aufregend. Mit mir warteten viele Touristen mit Koffern. Ich sah Asiaten, Afrikaner und sonstige Exoten.
Eine Frau fiel mir auf, weil sie unruhig hin und her hastete. Als ich dann im richtigen Zug stand, kam die Frau auch die langgezogene Kabine runter. Immer wieder ging sie auf die Knie und äugte zwischen den sitzenden Beinen unter die Sitzplätze bis sie dann zu uns kam. Da habe ich sie gefragt, ob sie ok sei. Sie verneinte. Sie sei aus Frankreich und sei beim Bahnhof zu eilig aus dem Zug gestiegen, aber den Koffer vergessen – und nun suche sie ihn verzweifelt. Ich sagte ihr von “Lost & Found”, aber das kannte sie schon. Bei der nächsten Haltestelle, wechselte sie in den nächsten Wagen und versuchte dort ihr Glück. Ich aber stieg am Flugplatz aus. Dankbar, dass alles so gut und ohne Verzögerung abgelaufen war.
Bei Flughafen mußte ich von Terminal 1 zu 2. Bis dahin mußte ich mich erstmal oft durchfragen. Ich habe auch eine Info-Säule gebraucht, aber als die Frau dort einfach nicht zurückgrüßen wollte und mein “Guten Tag!” ohne jede Reaktion blieb, fragte ich noch, ob sie nicht Zeit hätten zu grüßen, aber auch das ließ sie ohne Antwort. Da bin ich angewidert und unverrichteter Dinge weiter. Irgendwann bin ich doch zum richtigen Bus Stop gekommen.
Von dort bin ich mit dem gelben Schuttle gefahren. Ich stand neben einem Mann, der hatte eine schafswollene Weste an und allerlei originellen Kram. Nach seiner Mütze habe ich ihn dann doch noch gefragt: “Ist die (sind Sie?) von Norwegen?” Er zog sie und blickte versonnen: “Nein, aus Österreich. Die gehörte, meiner Mutter. Die hat sie vor vierzig Jahren das letzte Mal angezogen. Immer wenn ich auf Reisen gehe, setze ich sie auf.” Jetzt ist er auf dem Sprung nach Pakistan – zu einer Hochzeit. Dort war er zwanzig Jahre nicht mehr. Jetzt fährt er mit Sohn und Frau über Dubai dorthin – und weil es dort auch sehr kalt sein könnte, sei er eben so angezogen. Er war auch schon mal in Afrika. Er hat irgendwann seinen Sohn dort besucht – als Tourist. Da war er fasziniert von dem blauen, warmen Meer – und den großen Schildkröten. Außerdem war ihm aufgefallen, daß die Leute alle keinen Strom hatten, sondern immer nur Generatoren nutzten – wenn sie den Glück hatten, sonst gings mit Holzfeuer. Immer ohne Kühl- und Gefriermöglichkeiten. Immer von der Hand in den Mund und ganz im Sinne von “unser täglich Brot gib uns heute!” Irgendwann kamen wir dann bei Terminal 2 an. Dort bin ich jetzt und warte auf meinen Flug um 14h30. Ich geh mal gucken, ob es dort weiter geht.
